Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Aufklärung des Hypo-Debakels steht nun in etwa bei der Hälfte seiner grundsätzlich auf 14 Monaten begrenzten Tätigkeit. Zeit für ein erstes Resümee in Bezug auf die Neuerungen der Verfahrensordnung, die nach langem Ringen vom Nationalrat beschlossen wurden und der an den Tag gelegten politischen Praxis der Abgeordneten.
Zur Besserung eines ordentlichen Ablaufs des Ausschusses wurde die neue Position des Verfahrensrichters eingeführt, der dem Vorsitzenden in allen Verfahrensfragen beratend zur Seite steht und auch die Erstbefragungen der Auskunftspersonen vornimmt. Der ehemalige Präsident des Oberlandesgerichts Innsbruck, Walter Pilgermair, füllt diese Position mit großem Ernst und Seriosität aus. Seine Erstbefragungen sind von seiner richterlichen Sachlichkeit geprägt und geben der Befragung etwas von juristischer Objektivität, die die Abgeordneten doch recht häufig vermissen lassen. Darüber hinaus macht der Verfahrensrichter immer wieder wichtige Klarstellungen über die Zulässigkeit von Fragen, vorgebrachten Entschlagungsgründen oder zu Abgrenzungen des Untersuchungsgegenstandes.
Die Rolle des Verfahrensanwaltes nimmt der Linzer Universitätsprofessor und Rechtsanwalt Bruno Binder ein. Seine Hauptaufgabe ist der Schutz der Grund- und Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen, womit ihm ebenfalls eine zentrale Aufgabe für den rechtstaatlich sauberen Ablauf des Ausschusses zukommt. Anders als seine Vorgänger bei anderen Untersuchungsausschüssen in der Vergangenheit, ist Binder viel aktiver und klarer in seinen Aussagen und sorgt damit im Zusammenspiel mit dem Verfahrensrichter für deutlich mehr Rechtssicherheit für die geladenen Personen.
Der Zugriff der Medien auf die Auskunftspersonen ist etwas erschwert worden, was insbesondere für die nicht in der Öffentlichkeit stehenden Personen eine wesentliche Verbesserung darstellt. Dazu gehört auch die Möglichkeit, auf Wunsch der Auskunftsperson Fotos und Bewegtbilder nicht zuzulassen – wenngleich diese Regelung dadurch unterwandert wird, dass sich der Wunsch der Auskunftsperson offensichtlich nur auf das Ausschusslokal erstreckt und nicht auf das übrige Parlamentsgebäude.
Ebenfalls positiv ist die Möglichkeit der Einschaltung des Verfassungsgerichtshofes zur Klärung von Meinungsverschiedenheiten im Ausschuss. So war es möglich, die anfängliche Diskussion über die Schwärzung von Akten relativ rasch einer Lösung zuzuführen.
War es im letzten Untersuchungsausschuss noch an der Tagesordnung, dass dem Parlament zur Verfügung gestellte Unterlagen über unergründliche Wege an die Medien gelangten, zeigen die neuen Regeln zur Geheimhaltung offenbar Wirkung, was ebenso positiv zu vermerken ist.
Dennoch ist nicht alles bestens. Bei der unmittelbaren Arbeit der Abgeordneten gibt es noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Der hierbei auffälligste Missstand ist das völlige Fehlen einer inhaltlichen Abstimmung der Abgeordneten in Bezug auf deren Fragen. Jede Fraktion, jeder Abgeordnete fragt das ihm wichtig erscheinende Thema. Die Folge ist ein permanentes Umherspringen zwischen den Themen, was es für Beobachter schwierig macht zu folgen, die Auskunftspersonen immer wieder durcheinander bringt und damit die Aufklärung extrem behindert.
Leider ist streckenweise auch zu beobachten, dass der eigentliche Auftrag des U-Ausschusses, nämlich die Klärung der politischen Verantwortung, etwas aus dem Blick gerät und sich so mancher Abgeordneter eher als besserer Staatsanwalt oder Kriminalpolizist versteht.
Wie bereits im Telekom-U-Ausschuss benutzen noch immer viel zu viele Abgeordnete den Ausschuss als politische Bühne, um sich bzw. ihre Partei gegenüber den anwesenden Medien in Szene zu setzen. Sehr durchschaubar sind oftmals die Fragestrategien, die eben nicht politische Aufklärung, sondern ein parteipolitisch gewünschtes Ergebnis zum Ziel haben. Einen ähnlichen Eindruck hat man von der einen oder anderen Ladung, bei der sich der erhoffte Neuigkeitswert durch deren Befragung nicht erschließt.
Trotz eingangs erwähnter Verbesserungen durch Verfahrensrichter und –anwalt, sind polemische Untergriffe, unsachliche Bemerkungen und gehässigte Anwürfe gegen Auskunftspersonen noch immer an der Tagesordnung. Zahlreiche Abgeordnete behandeln die geladenen Personen eben nicht, so wie sie ja korrekt bezeichnet sind, als Auskunftspersonen, sondern wie Beschuldigte in einem Strafverfahren. Die bei einzelnen Abgeordneten zu beobachtende mangelnde Aktenkenntnis oder fehlendes Grundwissen wirtschaftlicher Abläufe sei hier nur am Rande erwähnt.
Der Ausschuss hat sich selbst eine inhaltliche Dreiteilung und einen Zeitplan gegeben. Derzeit nähert man sich dem Ende des ersten Abschnittes. Damit hinkt man gegenüber dem Zeitplan ziemlich hinterher, war doch ursprünglich angepeilt, noch vor dem Sommer mit Phase 1, d.h. die Jahre 2000-2008, fertig zu sein. Zu einem guten Teil scheint hier die Schuld bei den Abgeordneten selbst zu liegen, da zu viel Zeit auf Nebenschauplätzen verbracht wird. So könnte man hinterfragen, ob der tatsächliche Erkenntnisgewinn die ausführlichen Befragungen von Hypo-Staatskommissären rechtfertigt, oder ob der Zeitaufwand nicht überzogen ist, der für die Klärung von Einzelkreditvergaben am Balkan aufgewendet wird, zumal die meisten dieser Fälle doch bereits staatsanwaltlich untersucht werden. Diese Zeiten könnten fehlen, wenn es beispielsweise um die Zeit der Notverstaatlichung gehen wird. Es ist zu hoffen, dass für die entscheidenden Phasen in Bezug auf politische Verantwortung noch genügend Zeit bleibt.
Die inhaltlich, politische Bewertung der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses obliegt den Parlamentariern und der Öffentlichkeit. Die gesetzlichen Neuerungen und strukturellen Veränderungen sind jedenfalls überwiegend positiv zu sehen, die politische Praxis im Ablauf der Ausschusssitzungen ist jedoch nach wie vor verbesserungswürdig. Es sollte im ureigenen Interesse der Parlamentarier sein, hier Fortschritte zu machen, da das von ganz entscheidender Bedeutung für die Akzeptanz des Ausschusses und seiner Arbeit in den Augen der Öffentlichkeit ist.